Die Dia-Installation Sleepers III (2003) führt uns in Francis Alÿs‘ Wahlheimat Mexiko. Der belgische Künstler (*1959) war dort 1987 nach seinem Studium der Architektur als junger Ingenieur hingekommen, um bei einem Hilfsprojekt der belgischen Regierung nach dem Erdbeben in Mexiko-Stadt mitzuarbeiten. Auf seinen langen Spaziergängen durch die Innenstadt verliebte er sich in die chaotische Millionenmetropole und begann seit den 1990er Jahren seine Eindrücke auch in künstlerischen Aktionen zu dokumentieren. „Das Chaos, die Mischung aus historischen Gebäuden und alltäglichem Leben, die Masse an Händlern, die das Stadtbild, das mit keiner anderen Stadt in Europa zu vergleichen ist, beherrschen und praktisch eine parallele Ökonomie geschaffen haben, faszinierten mich von Anfang an“, berichtete er in einem Interview.
Sleepers III (2003) gehört zu einer 1997 begonnenen Dia-Serie, die er seitdem ständig erweiterte. Sie umfasst 80 Kleinbilddias von schlafenden Menschen und Hunden im öffentlichen Raum. Selbstvergessen liegen sie auf Parkbänken, in Hauseingängen oder aber auch auf dem nackten Fußboden. Es handelt sich dabei nicht nur um Obdachlose und streunende Hunde, sondern auch um Bürger aus der Mittelschicht, die vielleicht nach einem zu üppigen Mahl oder einer durchzechten Nacht eine kleine Auszeit suchen. Einige von ihnen liegen dort leblos wie Tote. Die Arbeit könnte leicht als sozialer Kommentar des Künstlers gelesen werden, aber sie hat auch viele humorvolle Elemente und vermittelt eine stille Poesie. Alÿs hat die Schlafenden von einem niedrigen Kamerastandpunkt - quasi auf Augenhöhe - aufgenommen. Die ungewöhnliche Perspektive eröffnet nicht nur einen sehr intimen Blick auf die Schlafenden, sondern auch ungewöhnliche Ansichten des urbanen Raums.
Die 80 Kleinbilddias von Sleepers III werden in kurzen Zeitintervallen von einem Diaprojektor mit Rondell auf einer kleinen Projektionsfläche am Boden präsentiert. Bei seiner Einzelausstellung in der Sammlung Goetz 2008 inszenierte er die Arbeit wie beiläufig unter einem Treppenabsatz des Museums im Untergeschoss. „Jede meiner Interventionen ist ein weiteres Fragment der Geschichte, die ich abbilde“, sagt Alÿs: „In meiner Stadt ist alles vorübergehend.“