In der Einführungssequenz tastet sich die Kamera entlang einer Naht auf einer Bettdecke vor zu dem Protagonisten des Films, einem jungen Mann, der tagebuchartige Notizen auf ein Stück Papier schreibt. Der Plot des Films scheint zunächst einfach: Eine junge Frau vergiftet ihren Mann, um ein neues Leben mit ihrem Liebhaber anzufangen. Aber ist es wirklich so? Denkt die Frau nur über die Möglichkeit nach? Misstraut ihr gar der Liebhaber? Oder wird die Frau selbst zum Opfer in dieser verwickelten Geschichte? Bild- und Tonspur sind in dem Loop entkoppelt und mit jeder Runde ergeben sich neue Interpretationsmöglichkeiten, obwohl die Bilder und der Text eigentlich auch immer die gleichen bleiben. Im Zentrum steht die komplexe Paarbeziehung, deren Misstrauen durch scheinbar alltägliche Begebenheiten immer wieder neue Nahrung erhält. Keren Cytter verhandelt in Disillusioned Love 2 Gefühle wie Liebe und Begehren, Misstrauen, Eifersucht, Verdächtigungen, Entfremdung und Rache. Das alles ereignet sich in einem kleinen Appartement als Kammerspiel.
Die 1977 in Tel Aviv geborene Künstlerin, die auch als Theater- und Romanautorin tätig ist, erzählt die Geschichte auf mehreren Eben, die ihr immer wieder eine neue Wendung nehmen. Filmisch arbeitet sie dagegen mit einfachen Mitteln. Schauplatz ist ihr eigenes Appartement und die Schauspieler*innen sind Menschen aus ihrem Freundeskreis. Die Kameraführung erinnert an ein spontan aufgenommenes Amateurvideo. Umso überraschender ist die Wirkung, die sich aus der Doppelbödigkeit der Szenen, Dialoge und Bilder ergibt. Cytter gelingt es, traditionelle Interpretationsschemata zu brechen und die durch den Medienkonsum geschulte Erwartungshaltung der Betrachter*innen zu unterlaufen. Am Ende bleibt alles offen.
