Eine Frau im pinkfarbenen Kleid erhebt sich von ihrem Stuhl und tritt an das Geländer der Terrasse. Vor ihren Augen eröffnet sich eine wunderschöne Landschaft mit sattgrünen Wiesen, dunklen Tannen und einer blassblauen Bergkette im Hintergrund. Im gleichen Moment beginnt der Sound – ein träumerischer, sehnsüchtiger Song unterlegt mit Alltagsgeräuschen. Pipilotti Rist hat mit ihrem Film I Want to See How You See eine Ode an das Sehen und die Wahrnehmung geschaffen. In dem Song singt sie über den Wunsch, die Welt mit den Augen Anderer wahrzunehmen. Mit der Kamera durchstreift sie Räume, erkundet Körper und verwischt mithilfe von digitaler Bildbearbeitung die Grenzen zwischen Innen und Außen. „Ohne Respekt vor der Technik reite ich der Sonne im Computer entgegen und mische mit der Hirnzunge die Bilder knapp vor und knapp hinter den Augendeckeln.“, hat sie es einmal selbst poetisch beschrieben.
I Want to See How You See ist aber auch ein Beispiel für die kollaborative künstlerische Praxis von Pipilotti Rist. Den Sound zum Film hat sie mit Anders Guggisberg produziert, einem Künstler und Musiker, mit dem sie seit 1995 zusammenarbeitet. Den Film selbst widmete sie der Schweizer Kunsthistorikerin Cornelia Providoli, die darin nicht nur als Protagonistin auftaucht, sondern mit der sie auch einige Buchprojekte gemeinsam gestemmt hat.
I Want to See How You See entstand als Auftragsarbeit für Point of View: An Anthology of the Moving Image. Dabei handelt es sich um eine Box mit 11 DVDs, die Filme und Interviews von und mit 11 bedeutenden Künstler*innen (Francis Alÿs, David Claerbout, Douglas Gordon, Gary Hill, Pierre Huyghe, Joan Jonas, Isaac Julien, William Kentridge, Paul McCarthy, Pipilotti Rist und Anri Sala) unterschiedlicher Generation und kultureller Identität enthalten.