Hinfallen und Wiederaufstehen, ist ein wiederkehrendes Motiv in den frühen 1-Kanal-Videos der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist. Das gilt auch für ihren Film I’m not the girl who misses much – eine Persiflage auf die vordergründige Erotik in Musikvideoclips – mit dem sie weltweit bekannt wurde. Er basiert auf der Zeile „She’s not the girl who misses much“ aus dem Beatles-Song Happiness is a warm gun. Pipilotti Rist, die damals selbst Mitglied der Frauenband Les Reines Prochaines war, singt die leicht abgewandelte Textzeile in ständiger Wiederholung und tanzt dazu in einem absurd tief ausgeschnittenen schwarzen Kleid, das ihre Brüste entblößt, wie ein verrückter Derwisch. Die Geschwindigkeit wird immer schneller, ihre Stimme Micky-Maus-artig verzerrt, bis sie erschöpft an der Wand herabrutscht, zu Boden sinkt, sich wieder hochrappelt und weiter tanzt.
Pipilotti Rist dekonstruiert auf humorvolle Weise die tradierten Rollenbilder von Frauen im Musikgeschäft und erprobt neue Formen der Selbstinszenierung. Dafür arbeitet sie nicht nur mit dem Sound und ihrem Auftritt vor der Kamera, sondern auch mit technischen Bildmanipulationen, wie Unschärfe, Fehlfarben, Streifen und Zickzackschnitte, die an die Bildstörungen eines alten Fernsehgerätes erinnern. Rist gelingt es bereits in diesem frühen Video, Gesellschaftskritik mit der Lust am Schauen und der Freude an der Inszenierung des weiblichen Körpers zu verbinden.