Migration (empire) ist ein melancholischer Film, der vom Unterwegssein erzählt. Er beginnt mit flüchtigen Bildern von Industrielandschaften, Ansiedlungen, Schienen- und Straßennetzen – Spuren von menschlicher Existenz, die sich in die Natur eingegraben haben. Hauptakteure sind aber nicht die Menschen, sondern amerikanische Wildtiere, die sich nun fern von ihrem natürlichen Lebensraum in ebenso trostlosen, wie austauschbaren Motelzimmern wiederfinden.
Ein edles Pferd scharrt mit dem Hufen auf dem roséfarbenen Velourteppichboden, während es auf dem flackernden Bildschirm des Fernsehgerätes vermeintlich sehnsuchtsvoll einer Herde galoppierender Artgenossen hinterherschaut. Ein riesiger Bison hat sich in der Enge seines Zimmers mit den Hörnern in einer Tagesdecke verfangen und dabei eine Tischlampe heruntergestoßen. Ein weißes Pfauenpaar setzt auf den weit auseinandergerückten Betten zu einem zaghaften Lebensspiel an, während ein Biber in dem glänzend polierten Badezimmer ein erstes Wannenbad nimmt.
Doug Aitken hat die Wildtiere gefilmt, wie sie die neue Umgebung erkunden. Durch die Kameraführung und den Schnitt sind Szenen entstanden, die an amerikanische Spielfilme erinnern. Die einzelnen Sequenzen hat Aitken zu einem Spannungsbogen, getragen von suggestiver Musik, verknüpft. Der 1968 in Kalifornien geborene Künstler hat sich in seinem Werk, das neben Filmen auch Fotografien, Skulpturen und architektonische Interventionen umfasst, wiederholt mit den Auswirkungen menschlicher Zivilisation auf die Umwelt beschäftigt. Mit seinen vielschichtigen und ästhetisch anspruchsvollen Arbeiten gehört er zu den bedeutendsten amerikanischen Multimedia-Künstler*innen seiner Generation.